Schule und Strahlenschutzgesetz/Strahlenschutzverordnung.

Begonnen von NoLi, 18. Januar 2023, 12:56

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DG0MG

Im ersten Link wird dem Lehrer empfohlen, beim Gewerbeaufsichtsamt anzurufen und um Entsorgung zu bitten.

Halte ich für keine gute Idee.

Ich kann mir gut vorstellen, was passiert, da braucht der Satz noch nichtmal vollendet sein:

"Guten Tag, hier ist die XY-Schule und ich habe hier eine Reihe radioaktive Strahler ..."

==> Aufriss mit Blaulicht und Gelb-Anzug-Leuten.

Im zweiten Link wird zumindest ein gangbarer Weg der Entsorgung beschrieben, die Email kommt wahrscheinlich bei einer sachkundigen Person an. Allerdings löst sie das eigentliche Problem des Lehrers auch nicht, er weiß weder Nuklid noch Aktivität sicher.

Wenn man aber nun mal davon ausgeht, dass es sich um die "üblichen" Prüfstrahler handelt, also vielleicht einen Glühstrumpf in Tüte, eine Schweißelektrode in Schachtel, einen Uhrzeiger in Glasröhrchen, eine Uranglasmurmel und ein walnussgroßes Steinchen aus Menzenschwand, dann sollte man das mit der Entscheidung zur kompletten Entsorgung auch noch mal überdenken. Wie soll man denn den Schülern Grundkenntnisse in Atomphysik, Radioaktivität und Strahlenschutz beibringen, wenn gar nichts mehr da ist? Nur mit dem Knacksen der Höhenstrahlung im Lautsprecher?  :-\

Insofern wäre doich das Angebot des Amtes ein gangbarer Weg:

"ob dieses Kriterium erfüllt ist, kann die LUBW vor Ort bei den Schulen mit geeichten Messgeräten Ortsdosisleistungsmessungen an natürlichen radioaktiven Stoffen durchführen. Zu diesen Stoffen gehören beispielsweise Mineralien wie Uraninit (Pechblende), Carnotit oder Tobernit."

Ist wieder die Frage, wie das in anderen Bundesländern gehandhabt wird.

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!


NoLi

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 13:39...
Ich kann mir gut vorstellen, was passiert, da braucht der Satz noch nichtmal vollendet sein:

"Guten Tag, hier ist die XY-Schule und ich habe hier eine Reihe radioaktive Strahler ..."

==> Aufriss mit Blaulicht und Gelb-Anzug-Leuten.
...
Ja, kenne ich aus Erfahrung mit unserer Fr.Fwhr-Einheit... :yes: :sarcastic: 

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 13:39...
Allerdings löst sie das eigentliche Problem des Lehrers auch nicht, er weiß weder Nuklid noch Aktivität sicher.
...
Der Gesetzgeber hat ja im Vorfeld der Verabschiedung des Strahlenschutzgesetzes/der Strahlenschutzverordnung auf Intervention des Fachverbandes für Strahlenschutz e.V. die damals gültige Freigrenzenregelung für natürlich radioaktive Stoffe (Uran/Thorium: 1 Bq/g; max. 1 kBq) aufgehoben und durch die 1 µSv/h in 10 cm Abstand Regelung ersetzt, so daß bei deren Einhaltung die Aktivität dieser Objekte keine Rolle mehr spielt.

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 13:39...
Nur mit dem Knacksen der Höhenstrahlung im Lautsprecher?  :-\
...
Na ja, wenn man entsprechend Tickets bucht oder gleich ganz einen ganzen Flieger chartert... :)
Vielleicht verbunden mit einem Besuch auf Malle... ;D
Die Schüler freut`s bestimmt. :yahoo:


Aber im Ernst: Dieses Angebot der LUBW sollte  a) auch in anderen Bundesländern Schule machen  b) vor allem den Schulen bekannt gemacht werden.

Norbert

NoLi

Zitat von: Henri am 18. Januar 2023, 14:24...
Sehe ich auf dem Foto, im Sortimentsfach ganz oben links, etwa ein Uran-Pellet??  :yahoo:
Ja genau! Das gab es mal beim Besuch von Kernkraftwerken mit einer Erläuterung, wieviel Energie damit erzeugt und Kohle/Öl damit ersetzt werden kann.
Leider war es nur eine Attrappe aus schwarzem Kunststoff  :'( 

Norbert

etalon

Zitat von: Henri am 18. Januar 2023, 14:24Sehe ich auf dem Foto, im Sortimentsfach ganz oben links, etwa ein Uran-Pellet??  :yahoo:


Das sind Plastikpellets, welche früher an die Bevölkerung zur "Öffentlichkeitsarbeit" abgegeben wurden. Dieses scheint von KWO (Kernkraftwerk Obrigheim) zu stammen. Die gab es aber auch von Anderen, auch z.B. eingegossen als Schlüsselanhänger...

Zitat von: NoLi am 18. Januar 2023, 14:25...
Der Gesetzgeber hat ja im Vorfeld der Verabschiedung des Strahlenschutzgesetzes/der Strahlenschutzverordnung auf Intervention des Fachverbandes für Strahlenschutz e.V. die damals gültige Freigrenzenregelung für natürlich radioaktive Stoffe (Uran/Thorium: 1 Bq/g; max. 1 kBq) aufgehoben und durch die 1 µSv/h in 10 cm Abstand Regelung ersetzt, so daß bei deren Einhaltung die Aktivität dieser Objekte keine Rolle mehr spielt.
...

Kannst du mir sagen, wo ich das nachlesen kann? Ich hab das jetzt schon ein paar mal gehört, aber die rechtliche Grundlage dazu fehlt mir bislang...

Grüße Markus

Henri

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 13:39Wie soll man denn den Schülern Grundkenntnisse in Atomphysik, Radioaktivität und Strahlenschutz beibringen, wenn gar nichts mehr da ist? Nur mit dem Knacksen der Höhenstrahlung im Lautsprecher?  :-\


Wenn man den Jugendlichen was beibringen möchte, muss ja auch das entsprechende Wissen vorhanden sein. In dem ersten Link scheint dies selbst bei der Person, die offiziell die Aufsicht über das Equipment hat, nicht gegeben zu sein - sie hat ja nicht mal erkannt, was ein Zählrohr ist, und wußte auch die gängigsten radioaktiven "Alltagsgegenstände" nicht einzusortieren. Also ist Entsorgung hier vielleicht das Sinnvollste? Man könnte statt dessen ja einen "Philion-Koffer" anschaffen, wenn das Budget das hergibt. Dann hat man mit rechtlichen Vorschriften keine Probleme, und die Versuche sind alle vorgegeben und dokumentiert, so dass man als Lehrer auch nicht tief in der Materie drinstecken muss, um trotzdem eindrucksvolle Versuche vorzuführen.

DG0MG

Zitat von: etalon am 18. Januar 2023, 14:38Kannst du mir sagen, wo ich das nachlesen kann? Ich hab das jetzt schon ein paar mal gehört, aber die rechtliche Grundlage dazu fehlt mir bislang...

Grundsätzlich hast Du recht, wer etwas behauptet, muss es auch belegen. Da genau diese Aussage aber auch im zweiten Link vom LUBW (einem Amt) zu finden ist, kann sie nicht grundsätzlich erfunden sein. Wenn man einen Teil des Satzes bei Google eingibt, landet man bei

https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/anlage_3.html

Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV)
Anlage 3 (zu den §§ 5, 6, 7, 8, 9, 14, 82, 96)
Genehmigungsfreie Tätigkeiten
Teil B:
Genehmigungsfrei nach § 5 Absatz 1 ist
8. der Umgang mit natürlichen radioaktiven Stoffen zum Zwecke der Nutzung der Radioaktivität zu Lehr- und Ausbildungszwecken, wenn die Ortsdosisleistung des jeweiligen Stoffes 1 Mikrosievert durch Stunde in 0,1 Meter Abstand von der berührbaren Oberfläche nicht überschreitet, oder


Jetzt ist die Frage: Könnte sich ein Privatier auch darauf berufen, wenn er einen Pechblendestein oder einen Radiumfarb-Zeiger zu eigenen Lehrzwecken (also nicht in einer Institution) besitzt?
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

etalon

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 14:52
Zitat von: etalon am 18. Januar 2023, 14:38Kannst du mir sagen, wo ich das nachlesen kann? Ich hab das jetzt schon ein paar mal gehört, aber die rechtliche Grundlage dazu fehlt mir bislang...

Grundsätzlich hast Du recht, wer etwas behauptet, muss es auch belegen. Da genau diese Aussage aber auch im zweiten Link vom LUBW (einem Amt) zu finden ist, kann sie nicht grundsätzlich erfunden sein. Wenn man einen Teil des Satzes bei Google eingibt, landet man bei

https://www.gesetze-im-internet.de/strlschv_2018/anlage_3.html

Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV)
Anlage 3 (zu den §§ 5, 6, 7, 8, 9, 14, 82, 96)
Genehmigungsfreie Tätigkeiten
Teil B:
Genehmigungsfrei nach § 5 Absatz 1 ist
8. der Umgang mit natürlichen radioaktiven Stoffen zum Zwecke der Nutzung der Radioaktivität zu Lehr- und Ausbildungszwecken, wenn die Ortsdosisleistung des jeweiligen Stoffes 1 Mikrosievert durch Stunde in 0,1 Meter Abstand von der berührbaren Oberfläche nicht überschreitet, oder


Jetzt ist die Frage: Könnte sich ein Privatier auch darauf berufen, wenn er einen Pechblendestein oder einen Radiumfarb-Zeiger zu eigenen Lehrzwecken (also nicht in einer Institution) besitzt?


Danke! Manchmal sollte man einfach in der StrlSchV eine Seite weiter blättern...  :dash2:

Ich hatte das auch nicht angezweifelt, wollte halt nur die Quelle wissen...  ;)

Grüße,
Markus

NoLi

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 14:52...
Jetzt ist die Frage: Könnte sich ein Privatier auch darauf berufen, wenn er einen Pechblendestein oder einen Radiumfarb-Zeiger zu eigenen Lehrzwecken (also nicht in einer Institution) besitzt?

Als Autodidakt... ;)  ;D

Es heißt ja "...zum Zwecke der Nutzung der Radioaktivität zu Lehr- und Ausbildungszwecken, ...", da steht nichts von einer (bestimmten) Institution.

Norbert

DG0MG

Zitat von: NoLi am 18. Januar 2023, 15:03Es heißt ja "...zum Zwecke der Nutzung der Radioaktivität zu Lehr- und Ausbildungszwecken, ...", da steht nichts von einer (bestimmten) Institution.

Eben, so hätte ich das auch gesehen - was nicht explizit verboten ist, ist erstmal erlaubt.
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Lennart

Wenn ich das so lese frage ich mich, wieso noch kein Strahlungsphobiker die Schließung des Bergbaumuseums in Aue-Bad Schlema veranlasst hat.

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Der Gamma-Scout hat 50 μSv/h angezeigt... im Abstand von ca. 150 mm... hinter einer 10 mm starken Scheibe  ;D

DG0MG

Weil ein Strahlungsphobiker niemals in ein Museum für Uranbergbau gehen würde  ;D
"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!

Lennart

Zitat von: DG0MG am 18. Januar 2023, 15:18Weil ein Strahlungsphobiker niemals in ein Museum für Uranbergbau gehen würde  ;D

Ich stand da vor der Scheibe mit einem breiten Grinsen im Gesicht und dachte: "Hab ich die Grenze nach Tschechien überquert, ohne es zu wissen? Das kann doch in Deutschland niemals möglich sein"  :D

DG0MG

"Bling!": Irgendjemand Egales hat irgendetwas Egales getan! Schnell hingucken!