Ionisationsmelder (Rauch- und Brandmelder)

DG0MG · 27. Juli 2019, 11:18

Der Ionisationsrauchmelder (auch "IRM", "Ionisiationsbrandmelder", "I-Melder" oder "Ionisationsmelder") wurde 1941 in der Schweiz erfunden, 1946 war das erste funktionsfähige Modell auf dem Markt. [1]
Die Funktionsweise ist recht einfach: Zwischen zwei Metallplatten (der Ionisationskammer) befindet sich ein radioaktiver Strahler (Alpha oder Beta) der bei einer angelegten Spannung einen Ionisationsstrom im pA-Bereich bewirkt. Im Brandfalle lagern sich die Ionen bevorzugt an die Rauchpartikel an und der Strom SINKT. Das kann ausgewertet werden.

Um Umwelteinflüsse (Luftfeuchtigkeit etc.) zu minimieren, verwendet man zwei gleichartige Ionisationskammern in Reihe. Diese bilden einen hochohmigen Spannungsteiler, dabei ist die "obere" Kammer verschlossen, nur durch die "untere" kann die Raumluft zirkulieren. Langsame Umgebungs- und Alterungseinflüsse wirken auf beide Kammern gleichermaßen, weshalb sich die Spannung am Knotenpunkt nicht ändert:

Sie dürfen in diesem Board keine Dateianhänge sehen.

Dringen in die "untere" (offene) Kammer Rauchpartikel ein, sinkt der Strom durch diese, die Spannung am Knotenpunkt steigt, wodurch die Elektrometerröhre ("Glimmrelais") zündet und deren Strom weitere Aktionen auslöst.
Die Funktion der Elektrometerröhre wurde natürlich später durch Halbleiter ersetzt und mit der Entwicklung anderer, fortschrittlicher Rauchmeldertechnologien (Lichtschranke) spielen diese Sorte Rauchmelder inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Sie haben allerdings den Vorteil, schnell auch auf unsichtbare Rauchgase anzusprechen - optische Melder sprechen nur auf Partikel an. In Deutschland ist der freie Verkauf von Ionisationsrauchmeldern verboten, im Ausland sind sie tlw. frei erhältlich (Baumarkt).

Die Firma STEP bietet in [2] das Recycling von Ionisationsmeldern als Dienstleistung an und veröffentlicht eine Aufstellung verschiedener Modelle samt verwendetem Isotop und dessen Aktivität - und einem Foto. Weitere Hinweise dazu, welche Rauch- und Brandmelder einen radioaktiven Strahler enthalten können, gibts in einem PDF der "Landessammelstelle für radioaktive Abfälle des Landes Berlin" [4].

Hersteller/Modell	Isotop	Aktivität
Apollo 151 D	Am-241	33,3 kBq
APOLLO Series 60 Ionisation	Am-241	33 kBq (0,9 µCi)
Cerberus F 600	Am-241	15 µCi
Cerberus F‐6AEX	Am-241	15 µCi
Cerberus FES 5 B	Am-241	72 µCi
Cerberus F911	Am-241	0,03 MBq (0,8 µCi)
detectomat 1430	Ra-226	2x 1,48 kBq
effeff, Fritz Fuß 62050	Ra-226	2,96 kBq
effeff, Fritz Fuß 62053	Am-241	29,6 kBq
effeff, Fritz Fuß 062.550	Am-241	29,6 kBq
ESSER 1052	Ra-226	2,22 kBq
Esser 1054	Am-241	11,1 kBq (0,3 µCi)
Esser 1055	Ra-226	2,22 kBq (0,06 µCi)
Esser 1056	Am-241	11,1 kBq (0,3 µCi)
ESSER I‐1062	Am-241	< 5 kBq
ESSER I‐1062 OE	Am-241	< 15 kBq
ESSER I‐1061	Am-241	< 5 kBq
ESSER I‐1071	Am-241	< 5 kBq
ESSER LKM 1978	Am-241	< 5 kBq
ESSER LKM 1979	Am-241	5 kBq
ESSER OTI-1963	Am-241	5 kBq
ESSER OTI‐1973	Am-241	< 5 kBq
Hekatron GmbH IRM 136	Am-241	30 kBq
Hochiki SIH - E	Am-241	18,5 kBq
Hochiki SIF - E	Am-241	37 kBq
Minimax IMX 1001E	Am-241	2,8 kBq
MINIMAX IMX 1002E	Am-241	2,8 kBq
NOTIFIER CP – 651E	Am-241	18,5 kBq
NOTIFIER CPX–551E	Am-241	1 µCi
NOTIFIER CPX–751E	Am-241	18,5 kBq (0,5 µCi)
NT BD 101I	Ra-226	0,08 µCi
PYROTRONICS F3	Ra-226	740 kBq (20 µCi)
Robotron RFT VA-K-300, VA-K-301	Kr-85	2x 150 MBq
Robotron RFT 70121	Kr-85	22,2 MBq + 29,6 MBq
Robotron RFT 70130, 70140, 70150, 70160, 70361	Kr-85	18,5 MBq
SDN S‐3000	Am-241	29,6 kBq
SIEMENS BR 800	Am-241	15 kBq (0,4 µCi)
SIEMENS BR 910	Am-241	0,03 MBq (0,8 µCi)
Siemens/Cerberus F6A	Am-241	555 kBq
Siemens/Cerberus F712	Am-241	29,6 kBq
Siemens/Cerberus FES 5B	Am-241	2,664 MBq
STOTZ/BBC MRI 4	Am-241	44,4 kBq
System Sensor 1151E	Am-241	18,5 kBq (0,5 µCi)
System Sensor 1800	Am-241	3,9 kBq
System Sensor 1800EC	Am-241	37 kBq
Telenorma NIM 100	Am-241	14,8 kBq + 14,8 kBq
TESLA MHG 103	Am-241	35 kBq
Zettler 560.048	Am-241	18,5 kBq
Zettler 560.086	Am-241	18,5 kBq
Zettler 560.094	Am-241	18,5 kBq
Zettler 560.125	Am-241	18,5 kBq
Zettler A 601	Am-241	18,5 kBq
Zettler IR3 – M1 (561.010)	Am-241	18,5 kBq
Zettler IR3 – S1 (561.000)	Am-241	18,5 kBq

Natürlich kann diese Aufstellung nicht vollständig sein. Insbesondere sollen russische Brandmelder in Objekten der sowjetischen Streitkräfte auf dem Boden der DDR verbaut gewesen sein, ich habe jedoch noch nie einen gesehen.

Wie man sieht, überwiegt Americium-241 als Strahler, die DDR verwendete Krypton-85. Für Kr-85 gilt: HWZ ~10.8 a, Gamma: 0,51 MeV / Beta: 0,7 MeV

DG0MG · 27. Juli 2019, 14:44

Ich hatte Gelegenheit, mir einen Rauchmelder aus DDR-Produktion auf Basis des Ionisationskammerprinzips, Typ "Rauchgaskammer VA-K-300.1" aus dem VEB RFT Messelektronik Dresden, produziert im April 1970, näher anzuschauen.

Der Herstellerbetrieb hieß später "VEB RFT Messelektronik 'Otto Schön' Dresden" und offenbar wurde dabei auch die Namensnomenklatur der Produkte geändert. Noch später gehörte der Betrieb dann zum Kombinat robotron. 1979 hieß das transistorisierte Nachfolgemodell des Rauch-Melders "70021". Die heutige Firma STEP verwendete auch in Nachwendeprodukten noch diesen 5-stelligen Produktcode. Der Nachfolger war dann auf der Rückseite auch nicht mehr mit der unglücklich gewählten Bezeichnung "Rauchgaskammer" beschriftet, sondern mit "Ionisationsmelder".

Der Rauchmelder enthält nicht viele Komponenten - er ist genau wie oben dargestellt aufgebaut. Ein paar Aluplatten, eine Kaltkathoden-Elektrometerröhre samt Fassung, ein Kondensator, zwei Widerstände, zwei vergoldete Kontakte nach außen und zwei Krypton-85-Strahler. Das Gas ist ein Beta-Strahler und in kleinen Glaskügelchen enthalten, die in eine einschraubbare Aluminiumhalterung geklebt sind. Zu Abgleichzwecken sind diese mit Feingewinde versehen und können mehr oder weniger weit in die Kammern hineingedreht werden.

Wie in o.a. Tabelle zu lesen, hatten die Strahler zu Beginn eine Aktivität von 22 und 29 MBq. Die Halbwertszeit von Krypton-85 beträgt 10,7 Jahre [1][2], seit 1970 sind also ~ 4.5 Halbwertszeiten verstrichen. Die Aktivität dürfte also auf unter 1/20 der ursprünglichen abgesunken sein.

Von außen ist mit einem reinen Gamma-Messgerät nur eine geringfügig erhöhte ODL festzustellen, direkt am Gehäuse sind es ~0,5 µSv/h. Macht man beim RadiaScan 701A den Deckel vor dem Pancake-Zählrohr ab und gibt damit das Zählrohr frei, dann steigt der Anzeigewert auf ~1.5 µSv/h. Zwischen Beta-Strahler und Zählrohr befindet sich dabei immer noch eine 1mm-Aluminium- und eine ~3mm dicke Plastikplatte.

Öffnet man die Rückseite des Melders, liegt der Strahler und die Elektrometerröhre frei. Letztere ist hinter einem transparenten Fenster montiert, so dass man die Glimmentladung eines ausgelösten Melders sieht. Die Röhre hat also gleichzeitig noch die Aufgabe der Signalisation. Es ist eine Z862E, die ich in einem anderen Thread schon beschrieben habe und die ihrerseits auch wieder eine radioaktive Substanz enthält.

In der vorderen (Mess-)kammer befindet sich außer dem Strahler nichts.

Interessantes Detail: An der Deckenhalterung des Melders war noch ein Rest von Anschlussleitung dran. Das war normale Telefonleitung, 3x2x0,6 jeweils 2 Adern parallelgeschalten. Im Datenblatt der Röhre ist deren Betriebsspannung mit 220 V angegeben. Dafür war die Telefonleitung sicherlich nicht ausgelegt.

wrdmstr inc. · 14. Oktober 2019, 21:43

ein bekanntes russisches model ist der RID-1 , hat 2 ringförmige Pu-239 Strahler, einen hatte ich auf dem Jupiter Gelände bei Tschernobyl gefunden

DG0MG · 17. November 2019, 23:15

Zitat von: wrdmstr inc. am 14. Oktober 2019, 21:43
ein bekanntes russisches model ist der RID-1 , hat 2 ringförmige Pu-239 Strahler, einen hatte ich auf dem Jupiter Gelände bei Tschernobyl gefunden

Zumindest kann man sich nicht beschweren, dass nicht außen draufgestanden hätte, was drin ist

Hier nimmt Oleg Izon einen solchen oder ähnlichen russischen Ionisationsmelder mit Plutonium-Strahler auseinander:

DG0MG · 09. Februar 2020, 22:07

Hier das Gegenbeispiel:

Am Wohnzimmertisch und ohne Handschuhe wird ein "Pyrotronics F5B" Rauchmelder zerlegt:

Es scheinen tatsächlich welche für 470 Dollar(!) verkauft zu werden

wohl aufgrund der 3 MBq Am-241
https://www.ebay.com/itm/173500846265

sh4711 · 10. Februar 2020, 15:58

Zitat von: DG0MG am 09. Februar 2020, 22:07
Es scheinen tatsächlich welche für 470 Dollar(!) verkauft zu werden wohl aufgrund der 3 MBq Am-241

Anbieten kann man viel ;-)
Die Dinger sind im Land der Trumpel tatsaechlich noch im Einsatz. Manchmal bekommt
man den Sensorkopf fuer unter 100$. Die 80 uCi teilen sich auf mehrere Strahler auf; der
"dickste" ist ein Rundstrahler; wenn man also sein Endfensterrohr damit quaelen will kommt
nur ein Teil seiner Flaeche zur Wirkung (einen Gamma-Scout mit ZP1401 bekommt man aber
mit 17.000 Pulsen/Sekunde immernoch locker auf Anschlag).

Das Ding kommt uebrigens von Pyrotronics (nun Siemens)...

Nachtrag: Es gibt auch aehnliche mit nur 40 uCi. Also aufpassen...

DG0MG · 10. Februar 2020, 16:30

Zitat von: sh4711 am 10. Februar 2020, 15:58
Anbieten kann man viel ;-)

Das stimme ich Dir grundsätzlich zu, aber es steht ja in der Auktion: "Last one / 7 sold"

Gut, es kann auch sein, dass der Verkäufer den Preis für den letzten hochgesetzt hat, damit er die Auktion nicht löschen muss.

Das Risiko, ein solches Ding aus den USA zu importieren, würde ich aber wirklich nicht eingehen.

sh4711 · 10. Februar 2020, 16:40

Ja, kann sein (ist ja auch voellig wurscht ;-)). Wenn es irgendwo eine Installation gibt,
und man Ersatz benoetigt, loehnt man sicher auch 500$ um die Sache abhaken zu
koennen.

In 2018 gabs mal nur den sensor head fuer 52$; das war schon sehr guenstig. Aber im
zweistelligen Bereich gibts immer wieder mal welche. Will nur vermeiden, dass irgend-
wer meint, ein Angebot ueber 200$ koennte ein Schnaeppchen sein...

sh4711 · 10. Februar 2020, 16:45

Zitat von: DG0MG am 10. Februar 2020, 16:30
Das Risiko, ein solches Ding aus den USA zu importieren, würde ich aber wirklich nicht eingehen.

Noe, in unserem Angst- und Phobie-Land sicher nicht. Bringt mit seinen Alphas auch nicht wirklich
was wenn man kein Endfensterrohr hat und keine n-Quelle bauen will...

DL3HRT · 11. Februar 2020, 07:05

ZitatBringt mit seinen Alphas auch nicht wirklich was wenn man kein Endfensterrohr hat und keine n-Quelle bauen will...

Es gibt noch eine Anwendung: Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA/XRF)

Da nutzt man die 59 keV Gammastrahlung um den Prüfling anzuregen. Je höher die Aktivität umso stärker die Anregung.

Zugpferd · 25. Juli 2020, 22:40

Preussag / Minimax Brandmelder Typ IMX 1001 E Am241 2,8kBq

Hab ich hier gerade rum liegen... Suche bei Zeiten mal alle zusammen...
Keule

Ach, hattest Du schon... sorry

Zugpferd · 26. Juli 2020, 01:04

Zitat von: Zugpferd am 25. Juli 2020, 22:40
Preussag / Minimax Brandmelder Typ IMX 1001 E Am241 2,8kBq

Hab ich hier gerade rum liegen... Suche bei Zeiten mal alle zusammen...
Keule

Ach, hattest Du schon... sorry

Gut, hab noch einen:

Preussag AG Typ: IMX 1000 WA 2x Ra 226 Quellen, Aktivität unbekannt - steht zumindest nicht auf dem Typenschild.
dafür aber Bauartzulassung:
SH1/77RS und Trefoil noch mit einem Rad nach oben!
Stimmt, da hab ich gleich noch ne Frage zu dem Trefoil... muss ich separat stellen.

Zugpferd · 20. November 2020, 23:03

Noch ein Siemens gefunden:

NoLi · 21. November 2020, 14:21

Zitat von: Zugpferd am 20. November 2020, 23:03
Noch ein Siemens gefunden:

Leider nichts für den privaten Umgang, da über der Freigrenze (10 kBq)...

Norbert

DL3HRT · 22. November 2020, 11:36

Zitat
Robotron RFT 70121 Kr-85 22,2 MBq + 29,6 MBq
Robotron RFT 70130, 70140, 70150 Kr-85 18,5 MBq

ZitatDas Gas ist ein Beta-Strahler und in kleinen Glaskügelchen enthalten, die in eine einschraubbare Aluminiumhalterung geklebt sind. Zu Abgleichzwecken sind diese mit Feingewinde versehen und können mehr oder weniger weit in die Kammern hineingedreht werden.

Wie wird eigentlich das Glas den jahrelangen heftigen Elektronenbeschuss vertragen? Es ist doch sicher sehr dünnwandig, damit die Elektronen passieren können?