Aerosol-Sampler / Luftsammler

Begonnen von opengeiger.de, 26. Februar 2022, 22:11

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Henri

Und wie ordnet man die Ergebnisse dann quantitativ ein? Geht wahrscheinlich nicht, oder?  Bei Filter-Aerosolsammlern kennt man ja die Luftmenge, die den Filter durchströmt hat, bei den Vaselineplatten lassen sich höchstens die relativen Verhältnisse betrachten, oder dass man überhaupt ein bestimmtes Nuklid nachweisen kann.

Aber das Verfahren ist schick! (Na ja, und ein bißchen Schweinkram  :dance4: ) Vielleicht streiche ich demnächst mal meine Fensterbank ein...

Viele Grüße!

Henri

NoLi

Zitat von: Henri am 07. März 2022, 15:59
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Aber das Verfahren ist schick! (Na ja, und ein bißchen Schweinkram  :dance4: )
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Auch dafür ist ja bekannterweise Vaseline gut... ;)

Zitat von: Henri am 07. März 2022, 15:59
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Vielleicht streiche ich demnächst mal meine Fensterbank ein...

Viele Grüße!

Henri
:unknw: Zieht es bei Dir so stark rein? :)

Norbert

opengeiger.de

#17
Mir ist vor kurzem aufgefallen, das bei einer IMIS Fachtagung 2009 die ,,MOBILE ONLINE-MESSENDE RADIOAEROSOLMESSEINRICHTUNG", MORAM, vom LUBW vorgestellt wurde.

https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Strahlenschutz/umweltradioaktivitaet_tagungsband_14_fachgespraech_bf.pdf  (Seite 62)

Diese Messeinrichtung ist dem, was im Rahmen der Kraftwerksfernüberwachung zur Radioaerosolmessung fest installiert ist, sehr ähnlich. Da wird gezeigt, wie zum Aerosol-Sammeln eine handelsübliche Atemschutz-Filterpatrone verwendet wird. Sie wird in einer Bleiburg von einem HPGe Detektor ,,in-situ" vermessen, während eine fest vorgegebene Luftmenge pro Tag durchgesaugt wird. Das Filter ist zweistufig und besteht aus einem Partikelfilter und einem Aktivkohle-Teil (siehe Photo). Wegen des Aktivkohle Teils sieht man eben auch das Radon als Funktionskontrolle. Hintergrund ist aber eigentlich ein anderer: Bei Freisetzungen des Spaltprodukts Iod131 hat man einmal das Iod was sich an Feinstaub-Partikel im ,,Accumulation Mode" (Wachstumsphase) anlagert und das gasförmige Iod, welches sich nicht anlagert. Die prozentuale Aufteilung des Iods in partikuläres Jod und gasförmiges Jod schwankt stark und hängt von meteorologischen Parametern ab. Grob kann man von 50/50 ausgehen. Gasförmiges Jod muss man aber an Aktivkohle (oder vielleicht Glasfasern) binden, damit man es messen kann. Ein klassischer Staubsammler reicht dafür nicht. Zur Detektion denke ich aber reicht es, wenn man es schafft, den partikulären Radiojod-Anteil aus der Luft zu fischen.

Dass man relativ einfach mit dem ,,Vaseline-Lüfter" Radioaerosol-Partikel aus der Luft fischen kann, zeigt sich in meinem Versuch immer mehr. Im Anhang ein Bild der Vaseline nach 3 Tagen. Die Vergrößerung ist 200x, man sieht also Einiges an gesammelten Feinstaub-Partikeln im Mikrometerbereich. Wenn sich nun Radionuklide an die Partikel anlagern, dann hat man sie auch relativ schnell in der Vaseline, schneller als mit der ortsfesten Staubfangplatte. Die Staubfangplatte ist eigentlich nur effizient, wenn es regnet und der Regen die Partikel aus der Luft auswäscht (scavenging) und auf der Platte deponiert. Nur regnet es eben nicht immer, wenn gerade ein ,,böses Wölkchen" von einer nuklearen Freisetzung vorbeikommt.

Man sieht das auch immer schön bei den Sahara-Staub Events, wo die Autos nur dann rot werden (,,Blutregen"), wenn es gerade zufällig auch regnet. Der Vaseline-Ventilator wird aber mit Sicherheit auch den trockenen Sahara-Feinstaub in der Luft aufsammeln. Zumindest konnte ich solche Sahara-Staub Events schon etliche Male mit normalen (laser-scattering) Partikelzählern auf der Fensterbank sehr gut nachweisen.  :P

opengeiger.de

Hier will ich nun die Umsetzung der zweiten Idee für einen Luftsammler darstellen. Dieser bläst nun ganz konventionell die Luft durch ein Filter. Die Konstruktion basiert auf einem 12V LKW-Heizlüfter den man über Ebay für knapp 95Euro kaufen kann. Also nicht so ganz billig (aber Oldtimer-Autos sammeln ist ja doch deutlich kostspieliger :D). Vermutlich ist er deswegen so teuer, weil er ein keramisches Heizelement besitzt. Ich habe allerdings beschlossen, dieses Heizelement nicht zu nutzen und auszubauen, da es einen hohen Luftwiderstand aufweist und die Luftmenge dadurch dramatisch reduziert wird. Umgekehrt habe ich ein wasserfestes Polyestervlies gefunden, das als Filtergewebe fast ideal aussieht. Diese Cellona-Synthetikwatte stammt von Lohmann-Rauscher und dient normalerweise zum Unterfüttern von Gipsverbänden. Man kann sie als 5mm dickes und 15cm breites Band auf Rollen gewickelt in der Apotheke kaufen.

https://www.lohmann-rauscher.com/de-de/produkte/niedergelassener-bereich/kompression-stuetzen-fixieren/kompressionstherapie/polsterung-schlauchverbaende-zubehoer/cellona-synthetikwatte/

Der Luftwiderstand der Synthetikwatte passt sehr gut zur Lüfterleistung des Lüfters (12V/0.38A), der hier verbaut ist. Die Fasern sind super dünn und das Gewebe ist fluffig verwoben, ohne dass man durchschauen kann. Ich habe dann noch ein Hasenstall-Drahtgewebe vor das Vlies montiert, damit es etwas Stabilität bekommt. Durch das vorbereitete Gehäuse hat man den Aerosolsammler so ziemlich flott aufgebaut. Der Lüfter hat 3 Drehzahlstufen. Auf der höchsten Stufe, entwickelt die Box dann schon einen gewissen Geräuschpegel. Ist also weniger für die Fensterbank vor dem Schlafzimmerfenster geeignet.  :o

Ich werde das Ding nun einige Tage laufen lassen und beobachten wie das Filtergewebe mit Staub zusetzt. Man kann das sicher gut erkennen, da die Synthetikwatte zunächst mal schneeweiß ist. Bin mal gespannt, wie die Synthetikwatte nach einer Woche aussieht. :P

NuclearPhoenix

Zitat von: opengeiger.de am 12. März 2022, 18:25
Hier will ich nun die Umsetzung der zweiten Idee für einen Luftsammler darstellen. Dieser bläst nun ganz konventionell die Luft durch ein Filter. Die Konstruktion basiert auf einem 12V LKW-Heizlüfter den man über Ebay für knapp 95Euro kaufen kann. Also nicht so ganz billig (aber Oldtimer-Autos sammeln ist ja doch deutlich kostspieliger :D). Vermutlich ist er deswegen so teuer, weil er ein keramisches Heizelement besitzt. Ich habe allerdings beschlossen, dieses Heizelement nicht zu nutzen und auszubauen, da es einen hohen Luftwiderstand aufweist und die Luftmenge dadurch dramatisch reduziert wird. Umgekehrt habe ich ein wasserfestes Polyestervlies gefunden, das als Filtergewebe fast ideal aussieht. Diese Cellona-Synthetikwatte stammt von Lohmann-Rauscher und dient normalerweise zum Unterfüttern von Gipsverbänden. Man kann sie als 5mm dickes und 15cm breites Band auf Rollen gewickelt in der Apotheke kaufen.

Wie wäre es denn statt einem umgebauten Heizlüfter mit einem Lötrauch-Absauger zum Beispiel? Das Ding muss funktionsbedingt einen hohen Throughput haben und hat auch schon einen Slot für etwaige Filter, in die man dann eigene Sachen hineinlegen kann. Dazu muss man nichts gröber umbauen und das ist auch deutlich billiger als ein LKW-Heizlüfter ;D

Beispiel: https://www.ebay.de/itm/114579429651?hash=item1aad775913:g:eEwAAOSwYHFf78Is

opengeiger.de

Ja, wir haben solche Lötrauchabsauger in der Arbeit, allerdings haben die einen sehr geringen Luftdurchsatz. Ziel bei den Dingern ist ja eigentlich nur den Rauch von der Nase wegzulenken. Die Filter hinter dem Ventilator kann man gerade vergessen. Also wenn man durch einen Filter durchschauen kann, dann taugt er nichts. Aber vielleicht gibts da ja auch Bessere, die dann im Gegensatz zu einer professionellen Absauganlage doch noch etwas günstiger sind.


Henri

Wieviel Luftdurchsatz hat denn Dein Selbstbau?

Ich habe auch mal versucht, mir eine Lötdampfabsaugung mit so einem "PC-Lüfter" selber zu bauen, aber der Luftstrom wurde quasi am Filter "zurückreflektiert". So richtig gut funktionieren die nur bei sehr niedrigem Strömungswiderstand, aber dann ist natürlich der Filter auch relativ durchlässig. Ich hatte erst eine aufgeschnittene FFP2-Maske verwendet, und es dann noch mal mit einem P3 Partikelfilter für Atemschutzmasken probiert. Keine Chance.

Man könnte z.B. auch eine Aquarien-Luftpumpe nehmen. Die verbrauchen nicht viel, erzeugen verlässlich Unterdruck (Membranpumpe) und sind auch halbwegs erträglich laut. Dann noch einen Kraftstoff-Filter aufschneiden und per Schlauch an die Pumpe anschließen, oder einen Büchnertrichter mit Glasfaserfilter davor setzten.

Viele Grüße!

Henri


opengeiger.de

Was den Luftdurchsatz anbelangt, da denke ich muss man die Konzeption von der Lüfterleistung aus machen. Man gibt sich den Lüfter vor und erhöht dann den Luftwiderstand des Filtergewebes soweit, dass der Luftstrom noch nicht zu sehr abgebremst wird. Um das Gewebe einer FFP2-Maske noch mit einer sinnvollen Luftmenge zu durchströmen, da reicht kein Computerlüfter. Was das Filtergewebe anbelangt, muss man bedenken, dass der Luftwiderstand vom Abscheidegrad für die Partikelgröße abhängt, die für solche Messungen noch relevant ist. Dazu kann man sich am Abscheideverhalten des Atemtrakts orientieren. Partikel zwischen 2.5 und 10um werden in den Bronchien abgeschieden, Partikel unter 2.5um gelangen zu einem großen Anteil auch in die Alveolen.

Von daher würde ich sagen, sollte man schon anvisieren, dass man auf Partikel zwischen 1-5um aerodynamischen Durchmesser abzielt. Wenn ich nun aber ein Filtergewebe suche, das 50% Abscheidegrad für 2.5um Partikel hat, dann ist das so dicht, dass ich ne ordentliche Turbine brauche um da 10m^3/h durchzupusten. Daher muss man am Abscheidegrad nachlassen, ohne aber bei Null rauszukommen. Das ist dann eben ein Gewebe aus feinen Fasern, das aber entsprechend locker verwoben ist, so dass eben nur noch 10% Abscheidegrad für PM2.5 erreicht wird und dabei tatsächlich auch noch ein nennenswerter Luftstrom durchgeht. Dieser Abstimmungsprozess der verschiedenen Parameter aufeinander ist ein ziemliches Getüftel. Am Ende ist es die Schwärzung des Filtergewebes nach einer gewissen Laufzeit und ein Blick durchs Mikroskop, das einem sagt, wie effizient das Ganze funktioniert.

Die grobe Rechnung für meine Bastelei ergibt eine Fenstergröße für das Filter von 0.0042m^2 (gehäusebedingt). Wenn ich 10m^3/h Luft durchbekommen möchte, dann bräuchte ich einen Luftstrom mit 66cm/s durch dieses Fenster. Wenn ich so mit der Hand fühle, was da so an Luft noch durchs Cellona Gewebe durchgeht, dann würde ich sagen 66cm/s sind das nicht. Ich schätze mal, dass ich mit diesem Gewebe eher so zwischen 1-5m^3/h liege. Der Abscheidegrad für PM2.5 ist allerdings sicher geringer als 10%. Im Vorstandgebiet von Stuttgart haben wir so ca. 10ug/m^3 an PM2.5 Feinstaubmasse in der Luft. Bei 1m^3/h Luftstrom bekomme ich also 10ug Feinstaub und scheide in etwa 1ug pro Stunde bestenfalls im Filtergewebe ab. Wenn ich nun 10Bq/m^3 an Aktivität in der Luft hätte, das an diesen Feinstaub gebunden ist, dann würden die 10Bq also an den 10ug Feinstaub hängen. Ich würde also bestenfalls 1Bq/h im Filter abscheiden. Wenn ich nun 100Bq in meiner Gammaspektroskop-Anlage noch nachweisen kann, dann müsste der Sammler also 100Stunden laufen, das wären 4 Tage. Das wäre noch brauchbar. Die Frage ist jetzt eben nur passt diese Theorie auch zu Praxis. Das kann man nur ausprobieren.  :unknw:

NoLi

Zitat von: opengeiger.de am 13. März 2022, 07:30
...
Die grobe Rechnung für meine Bastelei ergibt eine Fenstergröße für das Filter von 0.0042cm^2 (gehäusebedingt).
...
0.0042cm^2 ...ist das nicht ein bisschen klein?

Norbert

opengeiger.de

Das "c" war zuviel! Danke habs korrigiert.

Aber klar je mehr Filterfläche man hat umso besser. Aber auch das braucht Lüfterleistung. Man müsste dann mehrere in ein Gehäuse bauen, da grosse Lüfter unverhältnismassig teuer sind. Jetzt schau mer mal was mit dem einen pro cm^2 Filterfläche an Partikeldichte rauskommt.

Henri

Man könnte auch ein lockeres Filtergewebe in Vaseline tränken  ;D

Oder mal messen, was in der alten fettig gewordenen Filtermatte vom Dunstabzug in der Küche hängengeblieben ist... wobei wir wieder beim "Schweinkram" wären...

NoLi

Zitat von: Henri am 13. März 2022, 13:44
Man könnte auch ein lockeres Filtergewebe in Vaseline tränken  ;D

Oder mal messen, was in der alten fettig gewordenen Filtermatte vom Dunstabzug in der Küche hängengeblieben ist... wobei wir wieder beim "Schweinkram" wären...
Dann nehmt doch gleich eine komplette (gebrauchte) Dunstabzugshaube mit frischem Filter...und der Lüfter ist auch mit dabei.  :whistle3: ;D

Norbert

opengeiger.de

#27
Der Aerosolsammler auf Basis der mit Vaseline bestrichenen Lüfter-Rotorblätter hat während des Saharastaub-Events diese Woche gut gesammelt, obwohl er nicht direkt dem Regen ausgesetzt war, sondern unter einer Überdachung lief. Von daher kann man sagen, das war nur Staub, der luftgetragen war, und nicht solcher der im Regenwasser gebunden war. Daraus kann man schließen, dass das Partikel-Sammeln also auch im Ernstfall funktionieren würde, selbst wenn es nicht regnet. Der auf dem Heizlüfter mit Vlies basierende Sammler hat dagegen nicht viel Sichtbares gesammelt. Von daher überzeugt mich der Vaseline-Lüfter deutlich mehr, und er ist auch bedeutend kostengünstiger. Das ist daher das Konzept, das ich nun auch weiter empfehlen würde.  :good2: :good2: :good2:

Im Anhang das bestaubte Rotorblatt und ein paar Mikroskopbilder. Ach und übrigens: Aktivität habe ich keine gemessen.   

Henri

Hast Du einen Windpark in der Nähe? du könntest ja mal den Betreiber fragen, ob Du zum Dienste der Wissenschaft die Rotorblätter...   :rofl:

Viele Grüße!

Henri