Ältere Militärgeigerzähler - für wen sich das lohnt

Begonnen von pangeiger, 15. Juli 2019, 12:44

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pangeiger

Moin,
hin und wieder werde ich mal gefragt, ob sich die Anschaffung eines älteren Militärgeigerzählers lohnt.

Dazu ein kurzer definitorischer Exkurs. Was sind überhaupt (ältere) Militärgeigerzähler? Kurz gesagt, handelt es sich dabei um Geigerzähler aus dem 50er, 60er und 70er Jahre, die beim Militär (auch Zivilschutz & Feuerwehr) im Gebrauch waren. Man erkennt sie an folgenden Merkmalen:
- solid
- groß und schwer
- Analoganzeige
- große Batterien (z.B. Monozellen)
- erweiterbar durch unterschiedliche Zählrohre für Alpha-, Beta-, Gamma-, Röntgenstrahlung
- relativ preisgünstig
- Anzeige nicht im mSv/h oder µSs/h, sondern häufig in R/h, mR/h

Sehr preisgünstig sind z.B. Geräte aus osteuropäischer Fertigung (z.B. hier: https://www.ebay.de/itm/Geigerzahler-Radiometer-guter-Zustand-Gamma-und-Betamessung-solide-DP-66/264398028242?hash=item3d8f59bdd2:g:VwsAAOSwo4pYWkKD) Mein erster GZ war so einer. Sie sind in der Regel relativ unempfindlich und zur Bestimmung der (normalen oder leicht erhöhten) Ortsdosisleistung nur bedingt zu gebrauchen.

Ich hatte so ein Teil auch - aus russischer Produktion. Er funktionierte auch, war aber eher als Dekoobjekt interessent. Mein nächster war auch ein militärischer GZ und zwar der bekannteste: der SV 500 von Frieseke & Hoepfner. Kostenpunkt im Netz zwischen 100 und 200 €. Meßbereich: 0-5mRad, was ungefähr 0 - 50 µS/h entspricht (vgl. https://www.translatorscafe.com/unit-converter/DE/radiation-absorbed-dose/2-25/Millirad-Millisievert/) Moderne GZ schaffen hier Werte ab 0.01 µS/h. Die Erklärung dafür ist relativ simpel: das Militär interessiert sich in erster Linie für die Frage, ob seine Einheiten in mehr oder minder stark kontaminierten Umgebungen operieren können oder nicht. "Niedrige" Werte interessieren hier weniger, dafür aber mehr die Möglichkeit "hochverstrahlte" Gebiete messen zu können, wofür z.B. ein Gamma Scout, RadRate etc. völlig ungeeignet wäre.

Bei den älteren Geräten wie dem SV 500 kommt ein weiterer Nachteil dazu (abgesehen von der Analoganzeige mit einem stark pendelndem Zeigerausschlag): Sie reageren teilweise auf elektrostatische Aufladungen oder auch Neonröhren. Mir ist es auch mal passiert, dass mich in einem Büro (ehemaliges RZ) starke Dosen überrascht haben und ich überlegte, die dort arbeitenden Kollegen zu warnen. In einer Ecke des Raumes, tickte der SV 500 wie verrückt. Ich habe die Werte dann mit einem modernen GZ überprüft und es stellte sich als false positive heraus.

Kurz gesagt: ein älterer militärischer Geigerzähler ist z.B. für Mineraliensucher (Radiomineralien) interessant und brauchbar, nicht (oder nur eingeschränkt tauglich) jedoch um Lebensmittelkontaminationen oder leichte Umweltradioaktivität zu detektieren. Außerdem fällt es der Umwelt doch stark auf, wenn man mit diesen Kiloklötzen unterwegs ist.

Irrtümer natürlich vorbehalten
Gruß
Peter


lunastellaris

Danke, sehr gut zusammengefasst. Wie sieht es denn mit der Messgenauigkeit dieser teils jahrzehntealten Geräte aus? Von Kalibrierung will ich ja gar nicht reden, aber kann man sich denn auf die angezeigten Werte immer noch einigermaßen verlassen?

wrdmstr inc.

der SV500 hat eine rotierende Skala,verstellbar mit dem grossen schwarzen Knopf, der Meßbereich geht bis 1000Rad (10 Sievert/h), zum Mineraliensuchen sind alle meiner Meinung nach ungeeignet weil zu träge Anzeige, zu schwer, und am wichtigsten ist die Akustische Meldung- meist nur Ohrhörer oder zu leise

den SV500 u.a. hab ich aber als Deko im Regal mit Netzteil und umgebauter Dauerbeleuchtung und Piezo, da knackst er so vor sich hin  :)

pangeiger

Moin,
so pauschal würde ich das jetzt nicht so stehen lassen. Nehmen wir beispielsweise den SV500. Das eingebaute Zählrohr ist tatsächlich nicht sonderlich empfindlich (und dafür war es auch nicht gedacht). Das ändert sich aber, wenn man externe Zählrohre anschließt, die auch Umweltradioaktivität detektieren können. Es kommt halt darauf an, was genau man messen möchte. Den SV500 hatte ich auch mal. Seine analoge Anzeige emfpand ich nicht als träge. Im Gegensatz zu digitalen "Billigheimern", wo man 10 bis 20 Sekunden warten muss, bis ein aussagekräftiges Ergebnis angezeigt wird, sieht man hier schnell, woran man ist. Bei den anderen Kritikpunkten muss ich zustimmen. Die älteren militärischen Geräte sind in aller Regel schwer und aktustisch nur mit relativ schwachbrüstigen Kopfhörern ausgestattet.

Henri

Wenn man ein ganz klein wenig basteln kann/mag:

Oft haben diese Geräte ja Kopfhöreranschlüsse. Wenn man das Ausgangssignal etwas anpasst (meist reicht da schon ein kleiner Kondensator für und ggf. ein Spannungsteiler, um auf 5V Pegel zu kommen), kann man diese Geräte dann direkt an einen "Theremino Master DIL" anschließen und mit der Software "Theremino Geiger" am PC benutzen. Somit wird aus den großen Klötzen dann ein schönes Laborgerät. Und wenn man nochmal mehr basteln möchte, lassen sich meist auch leicht die Zählrohre in den externen Sonden gegen empfindlichere Varianten (SBT10A, SI8G) tauschen. Wird beim SV500 ja auch viel und gerne gemacht.

Allerdings, das gleiche Ergebnis bekommt man auch mit einem billigen Gerät, das von sich aus schon die passenden Impulse ausgibt. Z.B. für knapp 20,- ein Theremino Geiger Adapter.

Mein persönliches Fazit wäre also eher, wer es als Deko haben möchte oder gerne was super-robustes hat und dafür auch bereit ist, etwas mehr zu schleppen, für den wäre das evtl. noch was. Z.B. wer auf Halden rumkraxelt und nach Mineralien sucht. Die Militärgeräte sind in der Regel ja auch einfach zu dekontaminieren. Kaufen würde ich mir keinen mehr davon, weil bei den üblichen Preisen das Preis-Leistungs-Verhältnis kaum mehr stimmt, wenn man den Sammelwert mal ausklammert.

Das Gewicht kann man etwas reduzieren, indem man Adapter-Hülsen von Mono auf AA verwendet. Die kürzere Laufzeit ist meist ja kein Problem.

Viele Grüße!

Henri